Rufe nach Stambulant werden lauter
Kurze Zeit standen die Sterne gut für die stambulante Versorgung: Im Pflegekompetenzgesetz-Entwurf der Ampelkoalition war sie als Regelversorgung vorgesehen. Die neue Koalition aber spricht nur von "Modellregelung" in ihrem überarbeiteten Entwurf, der bald in die 2. Lesung im Bundestag geht und am Mittwoch (8. Oktober) auch Thema in der Bundestagsanhörung war. Das ruft die Unterstützer auf den Plan: den Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) und 34 Bürgermeister aus vier Bundesländern, die jetzt eine Petition gestartet haben (Foto).
Raphael Mathis
Die Petition des Bürgermeister-Bündnisses Petition läuft auf Change.org, bisher sind 1.500 Unterschriften zusammengekommen
Die Bürgermeister propagieren seit Langem die stambulante Versorgung wie sie der Pflegeanbieter Benevit in seinem Haus in Wyhl praktiziert: Dort arbeiten in Wohngruppen Bewohner, Pflegekräfte und Angehörige gemeinsam an der Versorgung, kochen in der WG-eigenen Küche und kümmern sich um die Wäsche.
Das Bürgermeisterbündnis hat jetzt eine Petition auf Change.org gestartet, die bisher 1.500 Unterschriften erhalten hat. Als Argument für den Übergang von Stambulant in die Regelversorgung führen das Bürgermeister-Bündnis und auch der AGVP an, dass Stambulant bereits diverse Male evaluiert wurde und sogar die Studie des Iges-Instituts 2023 zu dem Schluss kam, dass das stambulante Konzept Kosten senke und die Qualität erhöhe. Es sollte ins SGB XI aufgenommen als Versorgungsform aufgenommen werden – so lautete die Empfehlung. Auftraggeber der Evaluation waren der GKV Spitzenverband in Abstimmung mit dem Bundesgesundheitsministerium.
"Stambulant ist keine dritte Säule"
Ein weiteres Argument, dass der AGVP ins Feld führt: Knapp 40 Prozent der Pflegeunternehmen sehen dem Altenhilfebarometer 2025 zufolge in der stambulanten Versorgung das größte Potenzial für neue Pflegeplätze. "Trotzdem wird das Modell von Nörglern und Bürokraten ausgebremst", sagt AGVP-Präsident Thomas Greiner. "Dieses innovative Versorgungsmodell ist keine dritte Säule, sondern ein Ausweg aus der Versorgungssackgasse."
Stambulant-Kritiker sehen WG-Landschaft gefährdet
Als "dritte Säule" neben den Säulen Ambulant und Stationär bezeichnen verschiedene Trägerverbände die ursprünglich geplante Einführung von Stambulant als Regelleistung – etwa der Verband katholische Altenhilfe, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege sowie der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (BPA). Sie alle befürchten, dass Stambulant als Regelversorgung "die wertvolle WG-Landschaft in der Pflege" gefährde, wie der BPA-Präsident es ausdrückt. "Das Stambulant-Modell ist eine regionale Inselidee und keine Hilfe bei der Lösung der Versorgungsprobleme", sagte Bernd Meurer.
Kirsten Gaede