Misstrauen gegen Pflegeheimbetreiber hält Investoren ab
In Deutschland werden zu wenige Pflegeheime neu gebaut, um den steigenden Bedarf zu decken. Das liegt auch an der hohen Zahl von Betreiberinsolvenzen, für die häufig die Eigentümer der Immobilien durch Mietausfälle die Zeche zahlen, sagt Axel Schulz (Foto), der auf die Vermittlung von Pflegeimmobilien spezialisiert ist. Er hat nun eine Initiative gestartet, die mehr Investitionssicherheit zum Ziel hat, zum Beispiel durch Patronatserklärungen.
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Immobilienexperte Axel Schulz will Patronatserklärungen für Pflegeheimbetreiber durchsetzen
Ein wesentlicher Grund für die Zurückhaltung von Investoren ist, dass immer mehr Betreiber von Pflegeheimen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Das führt für Eigentümer oft zu Mietausfällen. "Das Vertrauen ist weg", sagt Axel Schulz, Geschäftsführer des S&P Wirtschaftsdienstes mit Sitz in Wenzenbach bei Regensburg. Der Experte für Pflegeimmobilien kennt die Probleme aus erster Hand. Viele Anleger hätten Geld verloren, weil nach Betreiberinsolvenzen zugesagte Mietgarantien nicht eingehalten wurden, sagt er.
Investoren und Privatanleger werden abgeschreckt
Laut dem Immobiliendienstleister JLL lag das Transaktionsvolumen für Gesundheitsimmobilien in Deutschland im dritten Quartal bei rund 160 Millionen Euro und damit etwas über dem Wert des Vorjahres, jedoch deutlich unter früheren Werten. Der größte Teil davon floss in Pflegeheime, aber: "Das Thema Betreiberinsolvenz bleibt ein zentrales Risiko", sagt Peter Tölzel, Team Leader Healthcare Investment bei JLL Germany. "Zwar haben sich viele Betreibergesellschaften wieder erholt. Es kommen aber auch neue Insolvenzen hinzu. Solange dieses Thema nicht vollständig abgehakt ist, bleibt ein grundsätzliches Misstrauen und somit eine Unsicherheit unter den Investoren bestehen. Und das ist nie gut für den Markt", so Tölzel.
Das Problem betrifft nicht nur institutionelle Investoren, sondern zunehmend auch private Kleinanleger. Immer öfter werden einzelne Apartments in Pflegeheimen an Privatpersonen verkauft – meist ohne Wohnrecht. Diese Modelle versprechen Mietgarantien, die allerdings bei einer Betreiberpleite hinfällig werden. Die Eigentümer tragen dann nicht nur den Mietausfall, sondern auch die laufenden Betriebskosten – auch während eines Leerstandes. "Viele Makler haben sich deshalb komplett aus dem Vertrieb von Seniorenimmobilien zurückgezogen", berichtet Schulz.
Patronatserklärungen sollen Sicherheit geben
Um den Markt zu stabilisieren, hat Schulz die "Initiative Investitionssicherheit in betreibergeführten Sozialimmobilien" ins Leben gerufen. Ziel ist, verbindliche Qualitätsstandards für Investitionen zu schaffen. Ein zentrales Element sind Patronatserklärungen. Dabei verpflichtet sich eine Mutter- oder Schwestergesellschaft, die finanziellen Verpflichtungen des Betreibers – insbesondere die Mietzahlungen – im Notfall zu übernehmen. Laut Schulz ist eine harte Patronatserklärung "ein starkes Signal an Investoren, dass Verantwortung übernommen wird".
Schulz hat seine Initiative bereits mehreren Bundestagsabgeordneten vorgelegt. "Man hat die Bedeutung erkannt und will sich des Problems annehmen", sagt er. Vorgesehen ist ein bundesweites Qualitätssiegel, das geprüften Projekten mehr Glaubwürdigkeit verleihen soll. Makler und Finanzdienstleister, die sich verpflichten, nur solche Objekte zu vermitteln, sollen künftig mit einer Zusatzprovision und einem Gütesiegel belohnt werden.
Verantwortung statt Rendite-Chase
Schulz betont, dass es nicht um Renditemaximierung, sondern um Verlässlichkeit gehe. "Wer einmal negative Erfahrungen gemacht hat, ist für weitere Investments verloren", warnt er. Patronatserklärungen, wirtschaftlich starke Partner und langfristige Verträge seien der Schlüssel, um Vertrauen zurückzugewinnen. Positive Beispiele hierfür sieht er bei Unternehmen wie der Specht Gruppe aus Bremen, der Erl-Gruppe aus Deggendorf oder Bayern Care.
Das schwindende Vertrauen hat bereits konkrete Folgen. Viele Projekte bleiben unfinanziert und dringend benötigte Pflegeplätze entstehen nicht. Schulz sieht darin ein strukturelles Risiko für die Versorgung im Alter: "Wenn Initiatoren nur verkaufen wollen, ohne langfristige Nachnutzungskonzepte und ohne solide Betreiber, dann sind Mietausfälle und Insolvenzen vorprogrammiert." Mit der Initiative will er erreichen, dass künftig nur noch geprüfte Projekte auf den Markt kommen.
Thomas Hartung