Debatte um Streichung des Pflegegrads 1 in vollem Gange
Eine neue Studie stellt den präventiven Nutzen des Pflegegrads 1 infrage. Demnach interessieren sich viele Antragsteller vor allem für den monatlichen Entlastungsbetrag. Fachleute fordern nun dessen Streichung. Vertreter der Pflegekassen plädieren für eine Begrenzung oder Streichung der Geldleistungen in den unteren Pflegegraden. Die Ergebnisse könnten Einfluss auf die Reformpläne der Bund-Länder-Arbeitsgruppe haben.
Pflegegrad 1 sollte Pflegebedürftigen frühzeitig Hilfen anbieten, um ihre Selbstständigkeit zu bewahren. Doch eine aktuelle Studie des Verbands der privaten Krankenversicherung (PKV) zeigt: Die präventive Wirkung bleibt weitgehend aus. Die meisten Antragsteller interessieren sich primär für den Entlastungsbetrag von derzeit 131 Euro pro Monat, wie Tagesspiegel Background (Abo) berichtet. Nur wenige nutzten Angebote wie Beratung, Pflegekurse oder Maßnahmen zur Wohnumfeldverbesserung.
Seit der Einführung der fünf Pflegegrade im Jahr 2017 hat sich das Antragsverhalten deutlich verändert. Während die Zahl der Begutachtungen in stationären Einrichtungen sank, stiegen die ambulanten Anträge – besonders im Pflegegrad 1 – stark an. Mittlerweile entfällt rund ein Viertel der Erstanträge auf diese unterste Stufe.
Angesichts dieser Entwicklung fordern Experten deutliche Einschnitte. So plädiert der Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen für die komplette Abschaffung des Pflegegrads 1, und auch der Expertenrat Pflege Finanzen sieht darin eine gerechtfertigte Maßnahme. Dirk Janssen vom BKK-Landesverband Nordwest schlägt vor, die Geldleistungen in den Pflegegraden 1 und 2 generell zu streichen.