Bis 2030 gehen 40 Prozent der Pflegefachkräfte in Rente
Dass der Fachkräftemangel die Altenpflege härter trifft als die Krankenpflege, würde jeder Betreiber bestätigen. Doch nun gibt es dazu erstmals Zahlen von der Pflegekammer Nordrhein-Westfalen – und die zeichnen ein düsteres Bild: In Kürze werden vielerorts vier von zehn Pflegefachkräften in der stationären Langzeitpflege in Rente gehen, aber nur wenige junge Kräfte hinzukommen. "Es liegt absolut nahe, dass die Situation in anderen Bundesländern ganz ähnlich aussieht", sagt Kammerpräsidentin Sandra Postel (Foto).
Marienhaus Gruppe
Sandra Postel: "Wie soll man vernünftig arbeiten, wenn vier Kollegen in Rente gehen und gerade mal eine neue Kraft hinzukommt?"
NRW habe nur den Vorteil, dass es eine Pflegekammer gibt, die wegen der Registrierungspflicht über präzise Daten verfügt, so Postel. So konnte die Pflegekammer NRW für sämtliche Kreise und Städte den Anteil der jungen Pflegefachkräfte zwischen 19 und 30 Jahren in den Alten- und Pflegeheimen analysieren sowie den Anteil der examinierten Kollegen, die 55 und älter sind.
Dabei zeigt sich, dass die Situation in der Stadt Bochum so schlecht ist wie in keiner anderen Kommune in NRW: Dort arbeiten gut sechs Prozent junge Fachkräfte in der stationären Langzeitpflege und fast 48 Prozent Ältere. In vielen anderen Städten und Kreisen sieht es nicht viel besser aus, etwa in den Kreisen Minden-Lübbecke und Rhein-Sieg und in den Städten Soest, Düsseldorf, Münster und Bielefeld.
"Die Personalkrise findet in fünf Jahren statt, nicht erst in 20 oder 30"
"Wir reden hier nicht von einer Entwicklung, die in 20 oder 30 Jahren passieren wird. Es wird schon in den kommenden fünf Jahren so weit sein und liegt unmittelbar vor uns", sagt Postel. "Dann stellt sich die drängende Frage: Wie wollen sie einen Wohnbereich mit – sagen wir – zehn Kolleginnen und Kollegen künftig betreiben, wenn vier davon in Rente gehen und gerade mal eine neue Kraft hinzukommt, die aber nur stundenweise arbeitet? Das ist umgerechnet das Verhältnis, mit dem wir es nahezu flächendeckend in den kommenden Jahren zu tun haben."
Angesichts der düsteren Lage fordert die Kammerpräsidentin, dass regionale Gremien mit Vertretern der Pflege besetzt werden, "um die Belange der Praxis direkt einzubringen". Wichtig sei außerdem die Quartierspflege zu fördern, denn sie binde Angehörige, Nachbarn und Freunde in die Pflege vor Ort ein.
Über Pflegehelfer und -hilfskräfte trifft die Pflegekammer NRW keine Aussage, weil nur Fachkräfte Mitglied sind.
Kirsten Gaede