"Aktivierende Pflege lohnt sich auch wirtschaftlich"
Eine konsequent aktivierende Pflege mit täglichem Training nützt nicht nur den Bewohnern – vieles deutet darauf hin, dass sie sich für Pflegeanbieter auch wirtschaftlich lohnt. Zu diesem Schluss kommt Martin Heckelmann von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Er leitet dort ein Projekt, das rehabilitative Pflege aus pflegefachlicher, betriebswirtschaftlicher und juristischer Perspektive untersucht.
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Martin Heckelmann weiß, wovon er redet: Er war mehrere Jahre Vorstand beim Pflegeanbieter Procurand und bei der Seniorenstiftung Prenzlauer Berg
Das Projekt, finanziert vom Bundesforschungsministerium, sei ihm eine "Herzensangelegenheit", sagt Heckelmann. Denn der Jura-Professor kennt die Probleme der Altenpflege gut: Er war mehrere Jahre Vorstand beim Pflegeanbieter Procurand und bei der Seniorenstiftung Prenzlauer Berg.
CareMoRe heißt das Projekt, das steht für "Pflege verbessern und Selbständigkeit wiederherstellen durch Motivation und Rehabilitation". Zurzeit läuft es in den drei Einrichtungen von Domino World in Berlin und Brandenburg. Dort wird die rehabilitative Pflege unter dem Markennamen "Domino Coaching" schon zwei Jahrzehnte praktiziert: Jeder Bewohner hat seine von Physiotherapeuten geschulte Pflegekraft, mit der er täglich trainiert.
"Aktivierende Pflege gibt es schon lange, bisher wurde sie aber eher punktuell, eher nach dem Baukastenprinzip eingesetzt", sagt Heckelmann. "Die Domino-World-Einrichtungen arbeiten aber mit einem Programm, das sich über Monate erstreckt: Es werden Ziele vereinbart wie: 'Ich möchte wieder so fit werden, dass ich ein Konzert zu besuchen kann.' Damit schafft man Verbindlichkeit, man nimmt die Bewohner mit, sie wissen, wofür sie sich anstrengen."
40 Domino-World-Bewohner konnten 2024 wieder nach Hause gehen
Domino World hat sich für diese Herangehensweise entschieden, weil der Betreiber überzeugt ist: Der Erfolg des Coachings ist zu 50 Prozent auf das tatsächliche Training zurückzuführen und zu 50 Prozent auf die Motivation. Der Erfolg zeigt sich auch in Zahlen: 2024 sind 40 Bewohner wieder nach Hause entlassen worden, dieses Jahr werden es voraussichtlich 60 bis 80 sein.
Im CareMoRe-Projekt, das noch bis Ende November läuft, wird nun auch untersucht, ob sich das Coaching auch wirtschaftlich lohnt. "Es liegt auf der Hand, dass der Pflegealltag durch den rehabilitativen Ansatz effizienter wird: Durch das Coaching werden viele Aufgaben er Grundpflege und Betreuung überflüssig, wie die Begleitung zur Toilette oder die Unterstützung beim Anziehen", sagt Heckelmann. Außerdem gibt es für Domino World noch einen mittelbaren Effekt: Die Fluktuation ist gering, Personalleasing nicht notwendig. "Viele Mitarbeiter sagen, dass sie sich dort wohlfühlen, weil sie ihre Arbeit als sinnstiftend empfinden."
Über die personalpolitische Wirkung, rehabilitative und ökonomische Wirkung des Domino-World-Konzepts wird Anfang 2026, wenn die Ergebnisse des Projekts vorliegen und veröffentlicht werden, mehr zu erfahren sein.
Kirsten Gaede