Arztpraxen und Technikprobleme bremsen den TI-Einsatz
Pflegeeinrichtungen sehen in der Nutzung der Telematikinfrastruktur (TI), insbesondere des Messengers KIM, klare Vorteile: E-Rezepte lassen sich schneller weiterleiten, Arztvisiten transparenter vorbereiten und Wundberichte sicher dokumentieren. Der Abschlussbericht der TI-Modellregion Franken zeigt jedoch auch: Viele Arztpraxen halten an Fax und Telefon fest. Fehlende Akzeptanz, technische Probleme und unklare Abläufe bremsen den Nutzen der TI. Für die Einrichtungen bleibt der Aufwand hoch, doch das Potenzial ist erkennbar.
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Viele Arztpraxen bestehen auf Fax statt KIM, so die Erfahrung von Pflegeeinrichtungen in der TI-Modellregion Franken
Elf Pflegeeinrichtungen in Franken haben in einem Pilotprojekt erprobt, wie sich der Messenger KIM (Kommunikation im Medizinwesen) im Versorgungsalltag einsetzen lässt. Die Erwartungen waren klar: Fax, Telefon und Papierpost sollten durch sichere, digitale Kommunikation ersetzt werden. Die Rückmeldungen zeigen: KIM kann Arbeit erleichtern, stößt aber auf Widerstände bei Partnern und in den Abläufen.
Ärzte als Hauptbremser
Besonders deutlich wird das bei der Zusammenarbeit mit Arztpraxen. Viele lehnen den digitalen Weg ab und bestehen weiter auf Fax oder Telefon. Nachrichten über KIM bleiben unbeantwortet, weil Postfächer nicht regelmäßig geprüft werden. Einrichtungen berichten, dass Aufklärungsgespräche oder Rundschreiben wenig bewirken, heißt es im Abschlussbericht.
Bei E-Rezepten funktionierte der Prozess in zehn Einrichtungen grundsätzlich. In der Praxis versenden Ärzte aber häufig nur gescannte Token als PDF. Diese lassen sich nicht direkt nutzen, sodass Pflegekräfte auf Rückmeldungen angewiesen sind. Teilweise wurde sogar noch gefaxt. Zudem leiten Praxen Rezepte gerne direkt an Apotheken weiter – organisatorisch bequem, rechtlich jedoch unzulässig. Für die Einrichtungen bleibt die Abstimmung zeitaufwendig.
Wundberichte zwischen Fax und KIM
Die Übermittlung von Wunddokumentationen konnte KIM transparenter machen. Sechs Einrichtungen testeten das Verfahren. Fotos und Berichte ließen sich sicher an Ärzte senden und Antworten nachvollziehen. Solange externe Wundmanager nicht an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sind, bleibt die Dokumentation jedoch ein zweigleisiger, fehleranfälliger Prozess, so das Learning der Einrichtungen.
Positiv fällt das Urteil bei der Koordination von Arztvisiten von teilnehmenden Praxen aus. Statt Telefonketten und Faxnachrichten konnten Termine und Unterlagen direkt per KIM abgestimmt werden. Einrichtungen sparten Zeit und erhielten klarere Rückmeldungen. Voraussetzung für einen störungsfreien Ablauf ist aber eine Benachrichtigungsfunktion in den Primärsystemen – die bisher nicht überall verfügbar ist.
Dokumentenaustausch ohne spürbare Entlastung
Beim Versand von Medikationsplänen, Arztbriefen und Befunden blieb der Nutzen begrenzt. Viele Ärzte bevorzugen weiterhin das Fax. Auch technische Medienbrüche auf ihrer Seite sorgen für zusätzlichen Aufwand. Ein Teil der Kommunikation läuft zwar inzwischen über KIM, von einer echten Entlastung sind die Einrichtungen aber noch entfernt.
Als zukunftsweisend gilt die Abrechnung mit Pflege- und Krankenkassen über KIM. In der Pilotphase war dies aber nur eingeschränkt möglich, weil viele Kostenträger noch nicht empfangsbereit für KIM-Nachrichten waren. Einrichtungen sehen hier jedoch große Chancen, Bürokratie und Fehler zu reduzieren.
Fazit: Mehr Technik und Akzeptanz nötig
Die Erfahrungen zeigen: KIM kann die Arbeit in Pflegeeinrichtungen nachvollziehbarer, sicherer und stellenweise auch schneller machen. Entscheidend bleibt jedoch, dass alle Akteure mitziehen. Ohne die Mitwirkung von Arztpraxen, Kostenträgern und ohne bessere technische Integration droht KIM im Alltag zusätzlichen Aufwand zu schaffen.
Der 18-seitige Abschlussbericht KIM: Nutzung in der Pflege der Modellregion Franken kann von der Website der Gematik kostenlos heruntergeladen werden.
Thomas Hartung