Ausstehende Gehälter bei Ambiente Care kein Einzelfall
Der finanzielle Engpass bei der Amiente-Care-Gruppe ist offenbar größer als zunächst angenommen. Nachdem Care vor9 über ausstehende Gehälter in einer Einrichtung im nordrhein-westfälischen Unna berichtet hatte, meldeten sich zahlreiche Mitarbeiter aus anderen Häusern, die ebenfalls auf ihre Löhne warten. Dies räumt das Unternehmen auf Nachfrage mittlerweile ein und verweist auf "aktuelle finanzielle Herausfordeungen" und, dass man bemüht sei, "die Gehälter schnellstmöglichst auszuzahlen".
Ambiente Care
Auch in Wittmund haben Mitarbeiter ihre Gehälter nicht pünktlich bekommen. Ambiente Care hat den Standort von der insolventen Levantus Gruppe übernommen
"Unna ist kein Einzelfall", schrieben mehrere Leser, nachdem Care vor9 am Freitag über ausstehende Gehaltszahlungen in der Senioreneinrichtung "Haus am Hellweg" in Unna bei Dortmund berichtet hatte. "Viele Standorte haben kein Geld", heißt es in einer anderen Mail. Die Beschäftigte würden auf das August-Gehalt warten, und schon früher sei es zu verzögerten Auszahlungen gekommen. Vorschüssen auf Löhne, die laut Ambiente angeboten worden seien, habe man nicht erhalten.
Ambiente räumt ausstehende Löhne "an einigen Standorten" ein
Care vor9 hat daraufhin einen Fragenkatalog an die Ambiente-Care-Gruppe geschickt und um Stellungnahme gebeten. Das Unternehmen räumt darin ausstehende Löhne ein. "In unseren Einrichtungen kam es in den letzten beiden Monaten an einigen Standorten zu Verzögerungen bei den Gehaltszahlungen. Dies betraf nicht alle Häuser", heißt es in der Antwort.
Die Zentrale habe alle Einrichtungsleitungen aufgefordert, den Mitarbeitern ein Vorschussangebot zu machen, so das Unternehmen weiter. "Ob wirklich alle Mitarbeitenden das Angebot erhalten haben, können wir nicht abschließend prüfen und auch dass dies nicht immer genutzt wurde, können wir nicht beeinflussen. Wir verstehen, dass dies belastend war, und haben alles darangesetzt, die Gehälter schnellstmöglich auszuzahlen."
Steigende Kosten und verzögerten Refinanzierungen als Grund
Dass die Pflegebedürftigen unter der angespannten Situation leiden, etwa weil Mitarbeiter nicht zur Arbeit kämen oder Material fehle, wie Leser berichteten, weist Ambiente Care zurück. "Die Versorgung unserer Bewohnerinnen und Bewohner hat für uns oberste Priorität. Durch interne Notfallpläne und enge Abstimmung mit unseren Einrichtungen stellen wir sicher, dass Pflege, Versorgung und notwendige Materialien jederzeit verfügbar sind."
Keine konkrete Antwort gibt es indes auf die Frage nach Ursache und Umfang der finanziellen Krise. Von Ambiente Care heißt es lediglich: "Die aktuellen finanziellen Herausforderungen spiegeln die allgemeinen Belastungen im Pflegebereich wider, unter anderem durch gestiegene Kosten und verzögerte Refinanzierungen." Auch, wie es nun weitergeht, bleibt unklar. "Wir haben bereits Maßnahmen ergriffen, um die finanzielle Stabilität unserer Gruppe langfristig zu sichern und ähnliche Situationen künftig zu vermeiden", heißt es lediglich.
Rasantes Wachstum durch Aufkäufe vieler insolventer Standorte
Ambiente Care ist ein relativ junges Unternehmen, das in seiner heutigen Form erst vor rund drei Jahren aus der "Haus am Gröbenbach GmbH" im bayerischen Gröbenzell hervorgegangen ist. Der Pflegeanbieter ist vor allem durch den Aufkauf insolventer Unternehmen rasant gewachsen: Ende 2023 hatte Ambiente Care noch sieben Einrichtungen im Portfolio, heute sind es 17 Standorte.
Hinzugekommen sind unter anderem vier Häuser der insolventen Levantus-Gruppe, das ebenfalls insolvente Parkwohnstift Bad Kissingen sowie im Juni dieses Jahres die TSC Care GmbH mit ihrer Seniorenresidenz in Hagen. An der Spitze von Ambiente Care stehen die Geschäftsführer Karl Heinz Lukofnak und Michael Novak, die auch Gesellschafter des Unternehmens sind.
Kirsten Gaede